Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 8. März 2022 (VI R 37/19) entschieden, dass die direkte postalische Zustellung deutscher Steuerbescheide in die Schweiz auf Grundlage des Amtshilfeübereinkommens erst für Veranlagungszeiträume ab dem 1. Januar 2018 zulässig ist.
Grenzüberschreitende Zustellung von Steuerbescheiden – BFH schafft Klarheit
Geltungsbereich begrenzt:
Die Regelung betrifft nur bestimmte Steuerarten, insbesondere Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Solidaritätszuschlag und Vermögensteuer. Für andere Steuerarten – etwa Verbrauchsteuern wie die
Umsatzsteuer – bleibt eine direkte Zustellung ins Ausland ausgeschlossen.
Bedeutung:
Das Urteil bestätigt die Verwaltungspraxis und stärkt die rechtssichere Handhabung internationaler Steuerverfahren auf Basis klarer völkerrechtlicher Grundlagen.
Die Rechtsfrage: Bescheidzustellung-Deutschland-Schweiz
Nach Art. 17 Abs. 3 des Amtshilfeübereinkommens ist eine direkte postalische Zustellung nur erlaubt, wenn sie durch Art. 28 Abs. 6 Satz 1 gedeckt ist. Dieser erlaubt eine Anwendung des Übereinkommens erst ab dem Veranlagungszeitraum 2018. Da auch die Zustellung per Post eine Form der "Amtshilfe" darstellt – ein staatlicher Eingriff in das Territorium eines anderen Staates – ist sie vor diesem Datum ohne entsprechende völkerrechtliche Grundlage unzulässig.
Die Konsequenz:
Für Besteuerungszeiträume vor 2018 durfte die Finanzverwaltung in solchen Fällen auf die öffentliche Zustellung zurückgreifen, wenn andere Zustellwege rechtlich ausgeschlossen oder praktisch aussichtslos waren. Das FA handelte somit rechtmäßig, als es die Steuerbescheide für die Jahre 2009 bis 2013 per öffentlicher Bekanntmachung zustellte.
Das Urteil bestätigt:
Der BFH stärkt damit die bisherige Verwaltungspraxis, wie sie auch im Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) niedergelegt ist: Erst ab dem 1. Januar 2018 ist eine direkte Postzustellung deutscher Steuerbescheide an in der Schweiz lebende Personen rechtlich zulässig – für sämtliche relevanten Steuerarten.
Fazit:
Die Entscheidung schafft Rechtsklarheit und stärkt die Verlässlichkeit grenzüberschreitender Verwaltungsverfahren. Zugleich unterstreicht sie die Bedeutung völkerrechtlicher Regeln für steuerliche Eingriffe über Staatsgrenzen hinweg. Bürger und Verwaltung gleichermaßen benötigen solche Klarheit – sie ist Voraussetzung für einen gerechten und rechtssicheren Steuerstaat.