Sachverhalt zum Urteil
Nachdem Dr. med. B.________ eine als Einzelunternehmen geführte Arztpraxis von einem Dritten übernommen hatte, erwarb B zusätzlich sämtliche Aktien der XYZ.________ AG, welche neu in A.________
AG umbenannt wurde. In der Folge wurde das Einzelunternehmen aufgelöst, wobei die A.________ AG sämtliche Aktiven und Passiven des gekauften Einzelunternehmens, darunter auch den „Praxisübernahme
Immateriellen Patienten Goodwill“ im Betrag von Fr. 86’860.-- übernahm. Dieses aktiv verbuchen Posten wurde auf Fr. 0.-- abgeschrieben. Im Verlauf der nächsten Jahre gab Dr. B.________ seine
Tätigkeit für die A.________ AG auf. Künftig war er nur noch für die Gruppenpraxis E.________ AG tätig. B.________ ist Mitaktionär dieser Gruppen Gesellschaft mit Verwaltungsratspräsident-Mandat.
In einem zwischen den Aktionären der E.________ AG abgeschlossenen Aktionärbindungsvertrag verpflichtete sich Dr. B.________ zur Einbringung des Patientenstamms der A AG im Wert von Fr.
173’000.-- in die E.________ AG. Der Honorarertrag der A.________ AG wurde steuerlich mit lediglich Fr. 2’000.-- deklariert. In der Veranlagung sowohl für die Staats- und Gemeindesteuern als auch
für die direkte Bundessteuer der A.________ AG nahm die die Steuerverwaltung eine Gewinnaufrechnung von netto Fr. 150’000.-- (Fr. 173’000.-- Minus-Reserve Steuern von Fr. 23’000.--) vor.
Gerichtsentscheid
Das Gericht bestätigte die Korrektheit der Besteuerung der verdeckten Gewinnausschüttung. Bei der Veräusserung einer Praxis gehört der Goodwill wie Patientenstamm dem Unternehmen und nicht
dem Verkäufer . Bringt der Arzt den Patientenstamm aus seinem Unternehmen in eine dritte Gesellschaft ein, ohne seine AG entsprechend zu entschädigen, ist eine verdeckte
Gewinnausschüttung an den verkaufenden Alleinaktionär fällig. Zudem hat der Arzt die ihm obliegende Treuepflicht als Verwaltungsrat gegenüber der verkauften AG verletzt, indem er ihr ihre gesamte
wirtschaftliche Grundlage entzog (s.
Urteil vom 18. Mai 2020 2C_1028/2019).
Erläuterung
Der Kapitalverlust stellt eine qualifizierte Form der Unterbilanz dar und liegt vor, wenn die Hälfte des Stammkapitalkapitals inkl. der gesetzlichen Reserven nicht mehr gedeckt ist
(„Alarmglocke“, Art. 725 Abs. 1 OR). Vergrössert sich der Kapitalverlust, bis schliesslich das gesamte Eigenkapital ungedeckt ist (Art. 725 Abs. 2 Satz 2 OR), so ist die Gesellschaft
überschuldet. Im Fall des Feststehens der Überschuldung ist grundsätzlich der Richter zu benachrichtigen (Art. 725 Abs. 2 Satz 2 OR). Kann die Benachrichtigung des Richters (Bilanzhinterlegung)
nicht mehr verhindert werden, so eröffnet dieser den Konkurs (Art. 725a Abs. 1 Satz 1 OR).