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Steuerfreie-Entschaedigung-oder-Lohn

Gemeinnützige Organisationen stehen in einem besonderen Vertrauensverhältnis zur Öffentlichkeit. Sie erhalten häufig staatliche Unterstützung und profitieren von Steuerbefreiungen – und das zu Recht, denn sie übernehmen zentrale Aufgaben im sozialen, kulturellen und humanitären Bereich. Gleichzeitig besteht ein berechtigtes öffentliches Interesse daran, dass die eingesetzten Mittel effizient, sparsam und zweckgebunden verwendet werden.

Rechtslage in der Schweiz: Regullerung und Kontrolle vom Bundesrat abgeleht

Vor einiger Zeit forderte eine parlamentarische Motion, dass alle gemeinnützigen Organisationen, die staatliche Unterstützung erhalten oder steuerbefreit sind, verpflichtet werden, ihre Jahresrechnungen nach den Rechnungslegungsstandards Swiss GAAP FER, inklusive FER 21, zu erstellen. Besonders ins Visier geraten dabei die Vergütungen der leitenden Organe. Diese sollen künftig zwingend individuell offengelegt werden, insbesondere die Entschädigungen an Geschäftsleitung sowie Mitglieder des obersten Leitungsorgans. Die Leistung dieser Gremien soll grundsätzlich ehrenamtlich erfolgen; Ausnahmen wären nur in sachlich begründeten Fällen zulässig.

 

Das Anliegen zielte auf mehr Transparenz und Fairness: Missbräuchlich hohe Cheflöhne unter dem Deckmantel der Gemeinnützigkeit sollen unterbunden werden. In der Tat: Wenn Spenden und öffentliche Gelder missbräuchlich verwendet werden, leidet das Vertrauen in den gesamten gemeinnützigen Sektor. Niemand spendet gern für Verwaltungsapparate oder überhöhte Löhne.

 

Der Bundesrat anerkannte zwar das grundsätzliche Anliegen – Verwaltungskosten sollen gering gehalten und der gemeinnützige Zweck in den Mittelpunkt gestellt werden. Dennoch beantragte er die Ablehnung der Motion. Der Grund: Die verpflichtende Anwendung von Swiss GAAP FER wäre für viele kleinere Organisationen mit einem unverhältnismäßigen administrativen und finanziellen Aufwand verbunden. Bereits heute regelt das Kreisschreiben Nr. 12 der ESTV, dass Steuerbefreiung nur dann gewährt wird, wenn eine Organisation uneigennützig handelt – also keine persönlichen wirtschaftlichen Interessen verfolgt. Entschädigungen sind nur dann zulässig, wenn sie marktüblich und sachlich gerechtfertigt sind. Die Praxis der Steuerverwaltung und Rechtsprechung tragen diesem Prinzip bereits heute Rechnung.

 

Das Problem liegt jedoch weniger im Fehlen rechtlicher Grundlagen als in der mangelhaften Transparenz und Kontrolle. Viele Organisationen veröffentlichen die Vergütungen ihrer Führungsgremien nicht – ob freiwillig oder aus Unkenntnis. Der ZEWO-Standard Nr. 8, der unter anderem Transparenz bei der Vergütung verlangt, ist zwar wegweisend, aber nicht allgemein verbindlich.

 

 

Fazit: Die Motion weist zurecht auf einen Missstand hin, doch ihre Lösung könnte insbesondere kleinere Organisationen überfordern. Ein Mittelweg wäre die verbindliche Anwendung von ZEWO-Standard Nr. 8 für staatlich unterstützte und steuerbefreite Organisationen – ohne den vollen Swiss GAAP FER-Zwang. Eine solche Regelung würde Transparenz und Fairness fördern, ohne über das Ziel hinauszuschießen. Letztlich geht es darum, das Vertrauen in die Gemeinnützigkeit zu schützen – im Interesse aller Beteiligten.

Rechtslage in Deutschland

Das Sozialgericht Berlin hat ein bemerkenswertes Urteil gefällt, das die sozialversicherungsrechtliche Behandlung sogenannter Aufwandsentschädigungen betrifft.

 


Kernaussage des Gerichts: Steuerfreie Entschaedigung-oder-Lohn

Ein monatlicher Aufwandsersatz in Höhe von 11.850 Euro für ein Vorstandsmitglied eines Berufsverbands ist keine echte Aufwandsentschädigung mehr.
Vielmehr handelt es sich um eine Vergütung für eine entgeltliche Tätigkeit mit Erwerbsabsicht.
Damit ist diese Zahlung als sozialversicherungspflichtiges Arbeitsentgelt einzustufen.

Begründung

  • Bei derart hohen monatlichen Zahlungen ist eine unentgeltliche Tätigkeit zur Verfolgung ideeller Ziele objektiv nicht mehr erkennbar.
  • Auch wenn die Zahlung als Ausgleich für Verdienstausfall deklariert wird, spricht dies nicht gegen eine Erwerbsabsicht.
  • Aufwendungsersatz kann nur dann steuer- und sozialversicherungsfrei bleiben, wenn er klar erkennbar auf tatsächliche Auslagen oder ehrenamtliche Leistungen beschränkt ist.
  • Eine pauschale Zahlung in dieser Höhe überschreitet diese Grenze deutlich.

Folgen

Die betroffene Tätigkeit ist sozialversicherungspflichtig.
Eine verdeckte Entlohnung unter dem Deckmantel einer Aufwandsentschädigung wird vom Gericht als beitragspflichtiges Arbeitsverhältnis eingeordnet.
Dies gilt laut SG Berlin auch, wenn der Betroffene daneben noch einer anderen Haupttätigkeit nachgeht.

Fazit

Wer hohe Pauschalzahlungen erhält, kann sich nicht mehr auf die Privilegierung ehrenamtlicher Tätigkeiten berufen.
Transparenz und Verhältnismäßigkeit sind entscheidend, wenn man sich auf Aufwandsersatzregelungen berufen will.

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