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Vorstand einer Stiftung: Ehrenamt oder sozialversicherungspflichtige Beschäftigung

Meine Damen und Herren,

die sozialversicherungsrechtliche Einordnung von Stiftungsvorständen ist ein Thema von hoher praktischer Relevanz. Der Bundesgerichtshof und das Bundessozialgericht haben hier klare Maßstäbe gesetzt. Ich fasse die zentralen Punkte für Sie zusammen.

Vorstandsmitglieder können sozialversicherungspflichtig oder selbstständig tätig sein

Die Bezeichnung „ehrenamtlich“ oder „Aufwandsentschädigung“ schützt nicht automatisch vor einer Beitragspflicht zur Sozialversicherung. Entscheidend ist das Gesamtbild der Tätigkeit und ob eine Eingliederung in die Stiftungsstruktur mit persönlicher Abhängigkeit besteht.

Abgrenzungskriterien laut Rechtsprechung

Eine abhängige Beschäftigung liegt vor, wenn das Vorstandsmitglied in den Betrieb eingegliedert ist, Weisungen unterliegt und kein eigenes Unternehmerrisiko trägt.
Eine selbstständige Tätigkeit erfordert wirtschaftliche Unabhängigkeit, eigene Betriebsstruktur und freie Gestaltung von Arbeitszeit und Tätigkeit.

Urteil des Bundessozialgerichts von 2021

Ein Vorstandsmitglied einer gemeinnützigen Stiftung erhielt jährlich bis zu 60.000 Euro. Obwohl die Stiftungssatzung von ehrenamtlicher Tätigkeit sprach, stellte das Gericht eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung fest.
Ausschlaggebend waren die Eingliederung in die Organisationsstruktur, das Fehlen unternehmerischer Freiheit und die Höhe der Vergütung.
Ein schriftlicher Anstellungsvertrag war nicht erforderlich, da die tatsächlichen Verhältnisse maßgebend sind.

Ehrenamtliche Tätigkeit setzt ideelle Zweckverfolgung voraus

Finanzielle Zuwendungen dürfen sich nicht als verdeckte Entlohnung darstellen.
Eine Orientierung an der Ehrenamtspauschale von derzeit 840 Euro pro Jahr (§ 3 Nr. 26a EStG) ist empfehlenswert.
Marktübliche Stundensätze sind in der Regel ein starkes Indiz für eine Erwerbsabsicht.

Praktische Empfehlungen für Stiftungen

Bei Stiftungen mit mehreren Vorstandsmitgliedern, Gesamtvertretung und einfacher Mehrheitsentscheidung ist die Schwelle zur abhängigen Beschäftigung schnell überschritten.
Zuwendungen oberhalb der Ehrenamtspauschale sollten Anlass für ein Statusfeststellungsverfahren nach § 7a SGB IV sein.
Im Gründungsprozess kann durch geeignete Satzungsregelungen gegengesteuert werden, etwa durch Einzelvertretungsbefugnis oder Einstimmigkeit im Vorstand.

Folgen bei fehlerhafter Beurteilung

Werden Sozialversicherungsbeiträge nicht abgeführt, drohen hohe Nachzahlungen, Bußgelder, ggf. strafrechtliche Konsequenzen und persönliche Haftung.
Eine vorherige Klärung durch die Deutsche Rentenversicherung ist daher dringend zu empfehlen.

 

Fazit

Der Schutz der Sozialversicherung darf nicht durch scheindienstvertragliche Konstruktionen unterlaufen werden.
Ehrenamtliche Tätigkeit muss erkennbar uneigennützig und auf ideelle Zwecke gerichtet sein.
Rechtsklarheit lässt sich durch Transparenz, maßvolle Vergütung und frühzeitige Prüfung erreichen.